Jahreskonzert 2010
Instrumentalensemble Goldau
François Boieldieu, der zu den wichtigsten Komponisten von Opéras Comiques zählt, wurde 1775 in Rouen geboren. Seine musikalische Laufbahn begann in der Sängerschule der dortigen Kathedrale. Klavier-, Orgel- und Kompositionsunterricht erhielt er von Charles Broche, den Boieldieu schon schon 15jährig an der Orgel vertreten konnte. Nachdem er einige Sonaten für Klavier geschrieben hatte, komponierte er 1793 seine erste Opéra Comique “La Fille Coupabelle”, die im Theatre des Arts aufgeführt wurde und deren grosser Erfolg ihn ermutigte, weitere Opern zu komponieren. Drei Jahre später zog er nach Paris, wo er schnell Freundschaft mit so wichtigen Musikern wie Méhul und Cherubini schloss. Boieldieu schrieb einige Einakter wie “La Famille Suisse”, die ihn bald zu einem hochangesehenen Komponisten machten. Er komponierte weitere Opern wie der “Calife de Bagdad”, wohl eines seiner berühmtesten Werke. 1802 wurde er Klavierprofessor am Pariser Konservatorium. Nach nicht ganz drei Jahren wurde er in Petersburg Kapellmeister von Zar Alexander. Auf Grund politischer Spannungen zwischen Frankreich und Russland kehrte er nach Frankreich zurück. Dem Geschmack des Publikums entsprechend komponierte er einige heitere Opéras Comiques und trat 1817 die Nachfolge Méhuls als Professor für Komposition am Konservatorium an. Acht Jahre später entstand seine wohl bekannteste Oper “La Dame Blanche”. Sie zeichnet sich durch reiche flüssige Melodik und rhythmische Lebendigkeit aus. Er schrieb sie vor allem um dem Italianismus, mit Rossini als Hauptvertreter, die Stirn zu bieten. Auf dem Gipfel seines Ruhms erkrankte er 1829 an einer hartnäckigen Heiserkeit, die ihn auch beim Komponieren behinderte, da er die Angewohnheit hatte, die Melodien vor sich her zu singen. Trotz unterschiedlicher Kuren verlor er seine Stimme ganz und starb 1834.
Friedrich Witt wurde 1770 auf Schloss Haltenbergstetten in Niederstetten geboren. Sein Leben lässt sich nicht lückenlos darstellen, da manche Unterlagen während des 2. Weltkrieges vernichtet wurden. Alle 12 Kinder genossen eine musikalische Ausbildung in Gesang, Orgel- und Instrumentalspiel. Friedrich wurde von seinem Vater nach Nürnberg auf das Heilig-Geist-Gymnasium gebracht, wo er sich auf das Studium der Theologie vorbereiten sollte. Generalbasslehre und Instrumentalspiel interesierten ihn mehr. Mit 15 Jahren hatte er schon eine Reihe guter Quartette komponiert. Der Vater brachte den musikalischen Jungen zum Kapellmeister Anton Rosetti nach Wallerstein. 1789 wurde Witt in die berühmte Wallersteiner Hofkapelle aufgenommen. 1793 unternahm er eine Konzertreise nach Coburg und Weimar mit dem berühmten Klarinettisten Beer. Am Weimarer Hof hat eine Sinfonie Witts besonders reichen Beifall gefunden. In der Wallersteiner Bibliothek hat sich die Kopie eines Briefes von Friedrich Witt vom 31. Juli 1796 aus Wien erhalten, in dem er vom musikalischen Leben in der österreichischen Hauptstadt berichtet. “Wir leben hier”, so schreibt er, “recht vergnügt. Es gibt viele Vorstellungen aller Art im Überfluss. Am Samstag ist sogar schon morgens um sieben Uhr ein Konzert im Augarten. Vorgestern habe ich dort bei einem Konzert eine Sinfonie von mir aufgelegt, und Johann Beer, der Klarinettist, hat ein Konzert von mir gespielt. Vermutlich hat der Kapellmeister es schon vorher ausposaunt, dass es gut sei; denn es waren Wranski, Girowetz und Vater Haydn dabei.” Er habe sich königlich gefreut, in Wien, in der musikalischen “Hohen Schule”, solchen Beifall zu finden. Sein Freund Beer habe aber auch wie ein Gott geblasen, und die schönen Gesichter der Damen müssten dazu beigetragen haben, dass er das Adagio so schmelzend geblasen habe. Seitdem, schreibt Witt, seien schon mehrere Anfragen für andere Konzerte bei ihm eingegangen. Von diesen Kompositionen ist nicht viel erhalten. Als Friedrich Witt 1802 zum Hofkapellmeister ernannt wurde, rühmte das Anstellungsdekret seine ausgezeichneten theoretischen und praktischen Kenntnisse in der Tonkunst, seine bewährte Geschicklichkeit und seinen guten Geschmack in der Komposition.
Friedrich Witt steht in der Grenze zwischen höfischer und bürgerlicher Musikpflege: Seine Stellung in der Musikgeschichte kennzeichnet folgende Begebenheit: Im Jahre 1911 fand der Jenaer Universitätsmusikdirektor Fritz Stein, ein Schüler von Max Reger, in der Universitätsbibliothek die handgeschriebenen Stimmen einer Sinfonie in C-Dur, deren eine den Vermerk “par Lokis van Beethoven” trug. Die Entdeckung erregte damals keine geringe Sensation, glaubte man doch ein unbekanntes Frühwerk Beethovens entdeckt zu haben. Die Musikgelehrten stritten sich, weil man dem Werk allgemein gute Qualitäten zubilligte. Schliesslich entdeckte man vor ca. 20 Jahren im Stift Göttweig die Satzanfänge der umstrittenen Sinfonie mit dem Beisatz “von Friedrich Witt” und nicht lange darauf auch die Stimmen der Sinfonie mit der Autorenangabe Witt. Damit war auch ein Werturteil über Witts kompositorisches Können augesprochen. Man kann sagen, dass sich Witt mit seinem Lehrmeister Rosetti wohl messen kann, fesselt er doch durch eine gewandte Satzkunst und eine natürliche Melodiefindung, die ihn zu beachtlichen Leistungen befähigt.
Saint-Saëns, Komponist, Pianist, Organist, Dirigent, Musikwissenschaftler, Musikpädagoge, Dichter und Dramatiker, wurde in Paris geboren. Sein musikalisches Talent wurde schon früh entdeckt. Mit drei Jahren konnte er lesen, mit fünf Jahren gab er sein erstes öffentliches Konzert in Paris. Von manchen Zeitgenossen wurde er als neuer Mozart gehandelt. Am Pariser Konservatorium studierte er Klavier, Orgel und Komposition. 1852 wurde er Organist von Saint-Séverin in Paris. Er lernte in diesem Jahr Franz Liszt kennen, der auch musikalisch grossen Einfluss auf ihn ausüben sollte. Sein musikalisches Debut als Komponist hatte er 1853, als seine erste Sinfonie von der Kritik positiv aufgenommen wurde. Nach dem deutsch-französischen Krige machte er sich 1871 für eine nationale französische Musik stark und gründete gemeinsam mit César Franck die Société National de Musique. Sein musikalisches Leben war sehr erfolgreich. Im Alter von 22 Jahren war er bereits ein etablierter Musiker. Als Komponist von 2 Sinfonien gewann er bereits einen wichtigen Preis. Berlioz nannte ihn “einen der grössten Musiker unserer Zeit”. Saint-Saëns schrieb einmal: Der Künstler der nicht vollständig durch elegante Linienführung, durch harmonische Farben und schöne Reihen von Akkorden überzeugt, versteht nichts von der Kunst der Musik.